Michael Ende (alle)

Felix, Dienstag, 15.11.2022, 19:52 (vor 736 Tagen) @ Felix

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Der Traum vom Fliegen

"Und wenn du es wieder mal müde bist, wie eng und begrenzt dein Leben ist, und die ganze Erde erscheint dir fast umsponnen von einem grauen Netz, in dem du dich hilflos verfangen hast, ein Netz aus Gewohnheit, Gewalt und Gesetz, ein Netz aus Grenzen von Staat zu Staat, Grenzen aus Dummheit und Stacheldraht, Grenzen des Geldes, begrenzte Zeit

Und die Grenzen der eigenen Fähigkeit und wenn du dich wieder mal wund gestoßen an den Gitterstäben, den kleinen und großen, und du weißt genau, Du kommst nie mehr vom Flecke, du bleibst gefangen im engen Raum, dann hockst du dich nieder in deiner Ecke und träumst den alten Traum:

Da breitest du weit deine Arme aus und ein tiefer Atemzug. Du schwingst dich empor über Straße und Haus im traumhaften Vogelflug. Du fliegst und du fliegst und du brauchst kein Ziel, das Dasein selbst ist Glück. Keine Grenze dort unten bekümmert dich viel, du möchtest nie zurück.

Es ist alles so einfach. Du wunderst dich kaum. Und du weißt in dem Traum: Es ist kein Traum. Und du fragst dich, warum man es je vergisst, warum man nicht glaubt daran, dass man immer so frei wie ein Vogel ist und in Wahrheit fliegen kann."


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